Zeitschrift, Mittelalter 2012/4

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Beschreibung

Augustin Carigiet: Castello di Mesocco – Eine Nachuntersuchung zur Baugeschichte

Augustin Carigiet: Cama (Misox), Burgruine Norantola – Von der Wehrmauer zum Castello. Eine Untersuchung zur Baugeschichte

 

e-periodica.ch/2012/4

 

Castello di Mesocco ­– Eine Nachuntersuchung zur Baugeschichte

Das Castello Mesocco ist die grösste Burganlage Graubündens.

Im März 1526 erzwangen die Bündner die Schleifung des Castells. 1925/26 wurde das Burgareal durch die «Pro Campagna» unter der Leitung von Architekt Eugen Probst ausgegraben und der Ruinenbestand durch sinnvolle Rekonstruktionen gesichert.

Bereits 1986 drängten sich im Zusammenhang mit dem Neubau der Nationalstrasse A 13 weitere Sicherungsarbeiten auf. Diese beschränkten sich auf die Nordseite der Anlage.

In den Jahren 2006 bis 2009 konnten die übrigen Ruinenmauern durch die «Fondatione Castello di Mesocco» etappenweise gesichert werden. Diese jüngsten Arbeiten wurden vom Archäologischen Dienst Graubünden begleitet. Ziel dieser Nachuntersuchung zur Baugeschichte des Castellos war, die relative Abfolge der vorhandenen Ruinenmauern zu klären.

Der älteste Bau innerhalb des Burgareals ist eine frühmittelalterliche Vorgängerkapelle (1), welche innerhalb der karolingischen Kirchenruine S. Carpoforo (2) durch Eugen Probst freigelegt wurde. Nördlich dieser beiden Sakralbauten erhebt sich der 7-geschossige Campanile (3). Dieser ist dendrochronologisch ins Jahr 1067(d) datiert.

Der Hauptturm (4) ist der älteste herrschaftliche Bau im heutigen Ruinenbestand. Er dürfte mit dem Aufkommen der Familie de Sacco im 12. Jh. gebaut worden sein. Eine älteste Umfassungsmauer (5) wird am westlichen Plateaurand gefasst. Diese verbindet die Südwestecke des Hauptturmes mit der Nordwestecke des Campaniles.

Im 13. Jh. wird ein erster Palas (6) neu gebaut. Der Palas weist gegen Norden einen Anbau (7) auf. Mit einer Wehrmauer erfolgt eine Erweiterung des Burgareals gegen Südosten (8). In dieser entsteht der heute noch aktuelle Eingang zur Burganlage. Innerhalb der Südosterweiterung wird ein Badehaus eingebaut (9).

Um 1400 wird mit dem Neubau des 3-geschossigen Palas (10) die Rocca zu einem inneren Bezirk geschlossen. Die bestehende Wehrmauer der Südosterweiterung erfährt eine Aufhöhung um 2 Meter (11). Gleichzeitig wird der Südturm (12) neu gebaut. Der bestehende Eingang zum Castello wird durch einen Vorhof (13) befestigt.

Zur selben Zeit erfolgt eine Erweiterung des Burgareals gegen Norden (14). Diese Ausbau- und Erweiterungsphase Ende des 14./Anfang des 15. Jh. dürfte von Albert de Sacco veranlasst worden sein.

1480 wird die Burg mit der Herrschaft über das Misox an den Mailänder Gian Giacomo Trivulzio verkauft. Dieser lässt die bestehende Anlage zu einer wehrhaften Festung ausbauen. Die bestehenden Umfassungsmauern werden durch Vormauerungen verstärkt. Die massiven Türme (17-21) sind mit Kanonen ausgerüstet. Der über 3 Meter breite Wehrgang weist gegen Aussen eine Brüstungsmauer auf dreifach abgestuften Steinkonsolen auf.

Dieses Bollwerk der Mailänder ist klar gegen Norden ausgerichtet. Dies veranlasst schliesslich 1526 die Bündner, die Schleifung der Anlage zu erzwingen.

 

Cama (Misox), Burgruine Norantola – Von der Wehrmauer zum Castello. Eine Untersuchung zur Baugeschichte

Die Burgruine Norantola liegt bei der gleichnamigen Fraktion der Gemeinde Cama auf einem niedrigen Felshügel zwischen dem Fluss Moesa und der Autobahn A 13. Die Ruine war bis 1990 stark eingewachsen und dem Zerfall überlassen. Dank der Initiative der lokalen Stiftung «Associazione pro Castello di Norantola» konnte die Burgruine in den Jahren 1990 bis 1993 nach einem Projekt von Lukas Högl umfassend gesichert und restauriert werden. Im Zuge der Restaurierungsarbeiten wurden Ruinenmauern von der Kantonalen Denkmalpflege baugeschichtlich untersucht.

Die Burg Norantola besteht aus einer 1,50 m starken Umfassungsmauer, welche eine innere Fläche von 40 x 21 m umfasst. Die Nord-und Südmauer verlaufen recht parallel zueinander, während die West- und Ostmauer mit mehreren Abwinklungen der Topographie des Burghügels folgen. An der Umfassungsmauer lassen sich zwei verschiedene Bauphasen unterscheiden.

Eine älteste Umfassungsmauer ist lediglich als Ruine einer frühen Zerstörung vorhanden. In der Nordmauer ist eine grosse Bresche ausgebrochen und die Südmauer ist gänzlich niedergelegt worden. Gegen oben enden die noch vorhandenen Mauern der älteren Umfassung in einer Abbruchlinie, die nicht der ursprünglichen Höhe der Umfassungsmauer entspricht.

In einer zweiten Phase wird die Umfassungsmauer wieder hergestellt. Diese weist oben einen umlaufenden Wehrgang auf. Der Wehrgang verläuft an der Südseite auf einem tieferen Niveau, gegen Westen und Osten führen Treppenstufen auf das höhere Niveau des nördlichen Wehrganges. Der Wehrgang ist gegen die Aussenseite mit einer 50 cm starken Brüstungsmauer mit Scharten und Schwalbenschwanzzinnen gesichert.

In der dritten Ausbauetappe wird der Wehrgang der Phase 2 aufgegeben und überbaut. An der Südwestecke der Anlage baut man einen viergeschossigen Wohnturm und im Ostteil wird ein Palas neu gebaut; entlang der Nordmauer entsteht zusätzlich ein Ökonomiegebäude. An der Südseite wird zwischen dem Wohnturm und dem Palas ein neuer Wehrgang erstellt. Diese Burg wird gegen Ende