Beschreibung
Jakob Obrecht: Ruine Alt Ramschwag, Häggenschwil SG. Resultate der bauarchäologischen Untersuchung 2022
Lukas Richner: Vom Frühmittelalter bis in die Neuzeit: Bestattungen und Bauten bei der Kapelle Saint-Gilles (Cornol, JU)
Ruine Alt Ramschwag, Häggenschwil SG. Resultate der bauarchäologischen Untersuchung 2022
Die im 12. Jahrhundert erbaute Burganlage Alt Ramschwag wurde im späten 15. Jahrhundert aufgegeben, weil ein Teil des Burgfelsens abgebrochen war und mit ihm Teile der Ringmauer und der Innenbebauung in die Tiefe stürzten. Die hinter dem Turm und der Schildmauer verbliebenen Gebäude wurden anschliessend zur Gewinnung bzw. den Verkauf von Baumaterialien bis auf die heute noch erhaltenen Mauerreste geschleift. In den Jahren 1929 bis 1932 hat man die damals noch in Privatbesitz befindliche Ruine ausgegraben und das Mauerwerk umfassend saniert. 2013 erwarb die Gemeinde Häggenschwil SG die Ruine. 2022 hat man die in den vorangegangenen Jahrzehnten kaum unterhaltenen Mauern wieder in Stand gesetzt. Parallel zu den Bauarbeiten wurden der Turm und die Schildmauer bauarchäologisch untersucht. Die Untersuchung zeigte, dass beide Bauwerke mehrmals umgebaut worden sind. Die über einem tief ausgehauenen Halsgraben aufragende Schildmauer wurde zwei Mal aufgestockt. Der Turm steht auf den Resten von wohl zwei abgebrochenen Vorgängerbauten mit beinahe identischem Grundriss. Das Erd- und das 1. Obergeschoss des Turms stossen rückseitig stumpf, d.h. nicht im Verband, an die Schildmauer an. Demgegenüber ist das 2. Obergeschoss im Verband mit der ersten Erhöhung der Schildmauer aufgemauert. Die Maueraussenmäntel der zwei darüber freistehenden Obergeschosse des Turms und die zu Beginn des 20. Jahrhunderts endgültig verschwundene zweite Aufstockung der Schildmauer waren aus grossen Nagelfluhquadern aufgeführt. Das ist ein Baumaterial, welches in Fassaden sehr hervorsticht, zudem nicht sehr dauerhaft ist und weitherum seinesgleichen sucht.
Die spärliche Innenausstattung des Turms deutet darauf hin, dass er nicht als Wohnturm diente, sondern ihm eher die Funktion eines repräsentativen Bergfrieds zugedacht war.
Vom Frühmittelalter bis in die Neuzeit: Bestattungen und Bauten bei der Kapelle Saint-Gilles (Cornol, JU)
Die archäologischen und anthropologischen Untersuchungen an der Kapelle St-Gilles bei Cornol (JU) liefern wertvolle Erkenntnisse über die Nutzung des Geländes vom Frühmittelalter bis in die frühe Neuzeit. Im Zuge von Grabungen in den Jahren 2016 und 2017 wurden 59 Bestattungen und Überreste der Pfarrkirche St-Julien sowie eines älteren Vorgängerbaus entdeckt. Die Bestattungen lassen sich in zwei Horizonte unterteilen: Horizont I (8.–11. Jahrhundert) und Horizont II (11.–16. Jahrhundert).
Beide Bestattungshorizonte zeigen einfache Erdgräber ohne Beigaben, die meist in West-Ost-Ausrichtung angelegt waren. Für die ältesten Bestattungen konnte kein zeitgleiches Bauwerk nachgewiesen werden, doch vermutet man, dass eine kleine memoria existierte. Später im ersten Horizont wurde ein steinerner Bau errichtet, möglicherweise eine Saalkirche, der als Sakralbau und Bestattungsplatz diente. Der zweite Horizont, der mit dem Bau der Pfarrkirche St-Julien im 10./11. Jahrhundert beginnt, weist Bestattungen innerhalb sowie ausserhalb der Kirche auf. Die Nutzung des Friedhofs setzte sich bis ins 17. Jahrhundert fort.
Die körperlichen Merkmale der Bestatteten, wie eine überdurchschnittliche Körperhöhe und relativ gute Gesundheit, deuten auf vorteilhafte Lebensbedingungen hin. Dennoch war die Sterblichkeitsrate unter Erwachsenen ungewöhnlich hoch, und mehr als 50 % der Verstorbenen starben vor dem 40. Lebensjahr. Die Ursachen bleiben unklar, könnten aber durch Seuchen wie die Pest beeinflusst worden sein.
Insgesamt bieten die Ergebnisse der Ausgrabungen an der Kapelle St-Gilles ein detailliertes Bild über Bestattungspraktiken, soziale Hierarchien und Lebensbedingungen vom Frühmittelalter bis in die Neuzeit.