Zeitschrift, Mittelalter 2018/2

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Beschreibung

Peter Niederhäuser: Die Lenzburg als Fürstensitz

Reto Bucher: Ein archäologischer Streifzug durch das hoch- und spätmittelalterliche Lenzburg

 

e-periodica.ch/2018/2

 

Die Lenzburg als Fürstensitz

Wie kaum eine andere Schweizer Burg steht die Lenzburg für eine ausgesprochen fürstliche Vergangenheit. Verschiedene Schriftquellen informieren über die Besitzer und über Herrscheraufenthalte, die zumindest indirekt ein eindrückliches Bild dieser mächtigen Burganlage zeichnen.

Ist die Anwesenheit des staufischen Kaisers Friedrich Barbarossa und weiterer hochadliger Herren 1173 ein einzigartiger Hinweis auf die Rolle der Burg als herrschaftliches Zentrum und auf das staufisch-adlige Interessen am Lenzburger Erbe, so stehen die Aufenthalte von Graf Hartmann von Kyburg und von Rudolf von Habsburg mit Besitzansprüchen in Verbindung.

Bis ins 15. Jh. hinein blieb dann die Lenzburg habsburgische Residenz, zumindest zeitweilig. Darauf weist der Bau eines höchst ungewöhnlichen und imposanten Saalgebäudes vielleicht um 1340 hin, daran erinnern aber auch Schriftstücke, welche die Nutzung der Burg bis hin zur Aufbewahrung der Torschlüssel oder der Pflichten des Schlosskaplans regeln.

Auch wenn mit dem Aussterben der Grafen von Lenzburg 1172/73 die Anlage ihre zentrale dynastische Funktion zweifellos einbüsste, blieb sie als weithin sichtbares Symbol von fürstlichem Anspruch und als Mittelpunkt einer ausgedehnten Herrschaft von Bedeutung – bis ans Ende der bernischen Landvogteizeit.

 

Ein archäologischer Streifzug durch das hoch- und spätmittelalterliche Lenzburg

Am Fusse des landesweit bekannten Schlosses Lenzburg liegt die gleichnamige Kleinstadt, die in den 1230er-Jahren von den Grafen von Kyburg als städtische Marktsiedlung gegründet und 1306 zur Stadt erhoben wurde.

Zwei Katastrophen prägten die spätmittelalterliche Stadtgeschichte: Im Jahr 1375 liess Herzog Leopold III. von Österreich die Stadt schleifen, damit sie nicht in die Hände der in habsburgisches Gebiet eindringenden Gugler fallen sollte. Und im Frühling 1491 vernichtete eine grosse Feuersbrunst die Stadt bis auf wenige Häuser.

Mutmassliche Spuren dieser Ereignisse konnten bei den seit der Mitte der 1980er Jahre regelmässig getätigten archäologischen und bauhistorischen Untersuchungen wiederholt beobachtet werden. So wurde an verschiedenen Stellen eine bis zu 25 cm mächtige Brandschicht dokumentiert, die auf Grund der Stratigrafie und der Funde mit grosser Wahrscheinlichkeit dem Brand von 1491 zugewiesen werden kann.

Im Zusammenhang mit den Ereignissen von 1375 erbrachten die Untersuchungen die bedeutende Erkenntnis, dass die bis heute überlieferte Stadtanlage auf den Wiederaufbau nach der Schleifung der Stadt zurückgeht. Die damals errichteten Stadtmauern wurden zumindest in ihrem nördlichen Abschnitt in die Verfüllung eines älteren Spitzgrabens gesetzt. Dieser umfasste eine leicht nach Süden verschobene Siedlung und könnte im Zusammenhang mit der städtischen Marktgründung in den 1230er-Jahren angelegt worden sein.

Im ausgehenden 13. Jh./frühen 14. Jh. wurde der Graben zugeschüttet. Des Weiteren deuten Funde und wenige Befunde des 12. Jh. zumindest für den westlichen Stadtbereich eine präurbane Siedlungstätigkeit an. Zur Grösse und Ausdehnung dieser Siedlung lässt sich aufgrund des derzeitigen Untersuchungsstandes jedoch (noch) nichts Genaueres sagen.