Beschreibung
Christian Auf der Maur / Ulrike Gollnick: Der Turm von Hospental UR. Neue boden- und bauarchäologische Befunde
Katharina Schäppi: «In Beringen hat es ouch einen werhaften turn mit einem graben umbgeben» – Chronik einer Entdeckung
Der Turm von Hospental UR. Neue boden- und bauarchäologische Befunde
Der um 1277 erbaute Turm von Hospental ist das baukulturelle Wahrzeichen des Urserntals. Die Eigentümerin, die Korporation Ursern, machte ihn mit dem Einbau eines Treppenturms der breiten Öffentlichkeit zugänglich. Die dadurch notwendigen Untersuchungen der Jahre 2021–2022 ergaben neue Erkenntnisse. Die Nutzung des Plateaus beginnt schon einige Zeit vor der Erbauung der Turmfestung und steht im Zusammenhang mit mutmasslichen Rodungen um die Jahrtausendwende. Eine erste Bebauung mit Mörtelanwendung folgt und eine Grubenstruktur ergänzt sie. Lediglich einzelne Tierknochenfragmente und Eisennägel sind nutzungszeitlich, während pflanzliche Makroreste eine Funktion als Stall nahelegen. Die Baute dürfte zwischen dem 11. und frühen 13. Jh. entstanden sein und wird direkt vom Bau der Turmfestung abgelöst.
Der Turm weist eine Grundfläche von 10 x 7,6 m, eine noch vollständige Höhe von knapp 18 m und eine Mauerstärke von bis zu 2 m auf. Eine teils erhaltene Umfassungsmauer und ein Halsgraben ergänzen den Bau. Er wies ursprünglich vier Vollgeschosse und einen Dachraum auf. Über einen Hocheingang gelangte man ins zweite Geschoss, von dem der Lagerraum (?) im untersten Geschoss und das darüberliegende, in drei Kammern unterteilte Wohngeschoss erreicht werden konnte. Der Raum im Westen beherbergte vermutlich die Küche mit Schüttstein und den Zugang zum Aborterker. Die Konstruktion von übereinander liegenden holzverkleideten Kammern mit eingezogenem Zwischenboden in der östlichen Hälfte des Geschosses erschliesst sich aus horizontalen und vertikalen Mörtelbrauen. Das vierte Geschoss diente wohl als Amts-, Wach- und/oder Arbeitsraum. Durch die verriegelbare Türöffnung in der Nordwand erreichte man die hölzerne, das Turmgeviert umfassende Wehrlaube. Die Pfetten des Satteldachs lagen auf den zu niedrigen Giebeln hochgezogenen Längsseiten des Turmes. Funde aus dem Turm und umliegenden Areal verdeutlichen die Nutzung des Bauwerks im späten 13. und 14. Jh.
Als Residenz des stellvertretenden Amtsträgers der Vogteirechte ist die wehrhafte Turmfestung ein wichtiges Beispiel eines spätmittelalterlichen Repräsentationssitzes inneralpiner Prägung mit Kontrollfunktion über einen transalpinen Handelsweg. Dabei widerspiegelt er die Geschichte einer sozialpolitischen Entwicklung eines nach Autonomie strebenden Hochtals, das in die Ränkespiele verschiedener Parteien aufgrund seiner Lage an einer neu erschlossenen Transitroute gerät. Ein kurzer Aufstieg der Macht und ihr nachfolgender Zerfall, dem sich das Bauwerk als Denkmal stoisch widersetzt.
«In Beringen hat es ouch einen werhaften turn mit einem graben umbgeben» – Chronik einer Entdeckung
Das Schloss Beringen galt bislang als bescheidene Niederungsburg. Der Turm des 13. Jh. und ein Fachwerkbau von 1466/67d beherbergen das Ortsmuseum Beringen. Um Platz für den wachsenden Sammlungsbestand zu schaffen, wurde 2003 die Nachbarliegenschaft Steig 5 gekauft. Der von aussen unscheinbare Bau sollte abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden. Bei einer Begehung durch die Archäologie zeigte sich im rückwärtigen Gebäudeteil des Abbruchobjektes ein spätmittelalterliches Fachwerk. Bei der Baggersondierung im Aussenbereich kam eine Mauer zum Vorschein. Es handelte sich um eine bislang unbekannte Umfassungsmauer mit anschliessendem Graben. Letzterer ist in einer Urkunde von 1394 erwähnt, wonach der Turm zu Beringen mitsamt Graben an einen Bauern überging. Diese Schriftquelle führte zur Annahme, dass das Schloss ab diesem Zeitpunkt nicht mehr von Adeligen bewohnt war.
Die Bauuntersuchungen ergaben, dass sich nordseitig in der Liegenschaft ein Fachwerkbau von 1472/73d erhalten hatte. Er schloss an den sechs Jahre jüngeren Bau an und verdoppelte dessen Volumen. Das Gebäude verfügte über ein fast 4 m hohes Erdgeschoss und ein vorkragendes Obergeschoss. Trotz der für die Ortsgeschichte und darüber hinaus wichtigen Baubefunde wurde die Steig 5 abgebrochen.
Bei der Grabung kamen im Innern der Umfassungsmauer letzte Reste von Pfostenbauten und Grubenhäusern zum Vorschein. Sie datieren ins Früh- oder Hochmittelalter. Ein Keller mit Mauerwerk im Ährenverband aus dem 12. oder 13. Jh. wurde von der Umfassungsmauer geschnitten. Der Ausbau zu einer wehrhaften Niederungsburg fand wohl gleichzeitig mit dem Bau des Turmes in der zweiten Hälfte des 13. Jh. statt. In der Grabenverfüllung lagen Geschirrkeramik und Nuppenglasfragmente in einer Qualität und Menge, wie sie im Kanton sonst nur aus der Stadt Schaffhausen bekannt sind.
Die neuen Untersuchungen zeigen, dass bis im 16. Jh. eine wohlhabende Bewohnerschaft im Schloss Beringen lebte. Dabei dürfte es sich um die Nachfolger der Adelsfamilie Hün handeln, welche im 15. Jh. als Vögte in Beringen amteten.
Die Hün sind anhand von Schriftquellen ab 1374 mit dem sogenannten Achdorferhof zu Beringen in Verbindung zu bringen. Der Hof ging in ungebrochener Linie an die Nachfahren der Hün über, bis er 1520 an die Stadt verkauft wurde. Es wird die Hypothese aufgestellt, dass es sich beim Achdorferhof um das Schloss Beringen handelt und dieses im Spätmittelalter als Vogteisitz diente.
Ein Teil der Umfassungsmauer und des Grabens konnten erhalten und in den angepassten Neubau integriert werden.