Zeitschrift, Mittelalter 2002/2

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Beschreibung

Jürg E. Schneider: Fenster und Fassaden im Alten Zürich

 

e-periodica.ch/2002/2

 

Fenster und Fassade im Alten Zürich
Form und Verteilung der Fenster am spätmittelalterlichen Profanbau richten sich in der Regel mehr nach der inneren Raumaufteilung als nach der Symmetrie der Fassade. Eine symmetrische Fassadengestaltung setzt sich in Zürich zaghaft erst in der Renaissance durch, allerdings noch in der Sprache der Spätgotik, mit den Fensterbändern, den Kreuzstock- und Staffelfenstern.

 

Die Entwicklung der Fenster- und Fassadengestaltung geht einher mit technischen Neuerungen beim Lösen von statischen Problemen des Lastenausgleichs im Mauerwerk über den Öffnungen und mit der Anwendung von Bleiruten bei der Verglasung – die Voraussetzung für das Anwachsen der Fenstergrössen.  Die Massenproduktion von Flachglas kommt dem Anspruch nach mehr Wohnlichkeit und gesteigertem Repräsentationsbedürfnis sehr entgegen.

 

Deutlich wird die Repräsentatinsfunktion an den minutiös dargestellten Fassaden im den Zeichnungen im „Regimentsbuch“ von Gerold Escher (1693–1720), wo sich klar ein qualitativer Unterschied im Fensterprogramm, der Fassadengestaltung sowie der Symmetrie bei den von ihm dargestellten öffentlichen Bauten (Rathaus, Helmhaus, Kornhaus, Zeughaus usf.) und der Zunft- und Gesellschaftshäuser gegenüber dem Bürgerhaus erkennen lässt.

 

Den Zeichnungen Eschers wie auch den älteren und jüngeren Bildquellen ist gemeinsam, dass Fenster und Fassaden ein herausragendes Element der Selbstdarstellung der Bürgerschaft und der Obrigkeit der Stadt Zürich sind. Trotzdem ist generell festzuhalten, dass das Äussere der Zürcher Bauten durch eine gewisse Kargheit gekennzeichnet ist. Die Gewändeprofile am Zürcher Bürgerhaus waren immer sehr schlicht. Als Formen kennen wir vor allem die Schräge und die Kehle. Reichere Gliederungsformen sind äussert selten.

 

Die Graphik in Abb. 15 zeigt die Entwicklung der verschiedenen Fensterformen in Zürich. Das Rechteckfenster  findet vom 12. bis zum 20. Jh. in wachsender Glasgrösse immer wieder Anwendung. Im 12./13. Jh. wird daneben das Rundbogenfenster eingebaut. Im 13./14. Jh. entstehen eine Vielzahl von Fensterformen: Staffelfenster, Spitzbogenfenster, Stichbogenfenster, Kragsturz und Kreisfenster, die sich unterschiedlich lange als Stilelement halten konnten oder in späteren Jahrhunderten wieder zur Anwendung kamen. Im 15. Jh. setzt der Bau von Kreuzstockfenstern ein.

 

Bei den meist gleichbleibenden Geschosseinteilungen sind die Verluste an mittelalterlichen Fenstern, die durch jeweils jüngere, grössere Fensteröffnungen entstanden, nicht zu zählen. Ein Vergleich der beiden gut 100 Jahre auseinander liegenden Ansichten vom Hinterhaus des „Wettingerhauses“ (Limmatquai 36/38 / Römergasse 4) spricht für sich (vgl. Abb. 29 und 30).

 

In gleicher Weise wird auch die Entwicklung der übrigen Gestaltungselemente der Fassade dargestellt. Dazu zählen: Eckverband mit Buckelquader/Bossen, Türe, Tore, Ladenfenster, Vordächer, Klebedächer, Arkaden, Lauben, Gesimse, Erker, Terrassen, Balkone und die verschiedenen Öffnungen im Dach wie Lukarne und Gauben und die Zinnengiebel/Stufengiebel.

 

Die Anmerkungsziffern und die Anmerkungen selbst sind nicht zu übersetzen, sondern dienen zur Erklärung der Fachbegriffe. Für die französischen Begriffe wurden Textvorlagen verwendet.