Beschreibung
Mathias Seifert: Die Churer Torkel – letzte Zeugen des historischen Weinbaus
Verena Schaltenbrand Obrecht: Die Sondiergrabung in Mollis GL, Schiferen, im Herbst 1986
Die Churer Torkel – letzte Zeugen des historischen Weinbaus
Es ist ein Glücksfall, dass fünf der einst über 40 Churer Torkel, die Bezeichnung gilt im Bündner Rheintal für die Gebäude und die Baumpressen gleichermassen, noch bestehen. Der noch bis ins 20. Jh. praktizierten traditionellen Verarbeitung der Trauben ist es zu verdanken, dass zwei dieser Torkel samt den urtümlichen Pressen mit geringen Veränderungen im Zustand ihrer Bauzeit an der Wende vom 16. zum 17. Jh. erhalten sind.
Ein grosser Teil der für das 18. Jh. in Chur belegten Torkel dürfte im ausgehenden 16. Jh., wenn nicht neu gebaut, so doch erneuert worden sein. Die Bauten erhielten ein gemauertes Sockelgeschoss, häufig als Pfeilerbau ausgeführt. Als gemeinsames Merkmal ist die übereinstimmende Bauweise der liegenden Dachstühle mit den charakteristisch geformten Streben hervorzuheben, wie sie in den fünf erhaltenen Torkeln dokumentiert sind, und die in ihrer sorgfältigen Ausführung beeindruckende Zeugen der damaligen Zimmermannskunst darstellen. In gleicher Bauweise sind solche Dachstühle auch in Wohnhäusern der Churer Altstadt zu finden. Der gleiche Zeitraum ihrer Errichtung und der zum Teil luxuriöse Ausbau deren Wohngeschosse deutet ebenfalls auf wirtschaftliches Gedeihen Churs am Ende des 16. Jh. hin.
Zu den liegenden Dachstühlen, die im ausgehenden 16. Jh. plötzlich und in überraschend gleichförmiger Ausführung zu fassen sind, finden sich in Chur keine Vorgänger. Was an Holzbauten beim Stadtbrand von 1464 nicht zu Schaden kam, wurde bei den Feuersbrünsten des 16. Jh. (1574, 1576) ein Raub der Flammen.
Die erhaltenen Dachstühle stammen alle aus dem Zeitraum vom ausgehenden 16. bis 18. Jh.
Die vier erhaltenen hölzernen Weinpressen sind wahre «Methusalems» der Technikgeschichte. Es sind Geräte, die in römischer Zeit entwickelt wurden und die seither nach dem immer gleichen Bauplan konstruiert worden sind. Einmal errichtet, blieben sie über Jahrhunderte genutzt, wie die Altersbestimmung der hölzernen Bauteile ergab. Trotzdem mussten an den Pressen im Laufe des mehrhundertjährigen Gebrauchs wiederholt Balken ersetzt werden. Die an einer Presse ermittelten Daten reichen bis ins 14. Jh. und damit bis in die Zeit der erstmaligen Erwähnung dieses Torkels zurück.
Die Sondiergrabung in Mollis GL, Schiferen, im Herbst 1986
Im Bereich des Hofes Schiferen, Mollis/Glarus Nord, im ehemaligen Überschwemmungsgebiet der Linth, sind 1985 bei Aushubarbeiten für einen Hausneubau und 1986 anlässlich der Ausgrabung 25 Hufeisen/-fragmente aus dem 13. bis 18. Jh. und wenige weitere Fundstücke zum Vorschein gekommen. Die Hufeisen lagen auf der Oberfläche des in rund 1.2 m Tiefe anstehenden Auelehms. Dieses klebrige Material dürfte einst den Pferden die Eisen von den Hufen gerissen haben.
Belege für die Nutzung dieses Platzes sind zum einen neben den Hufeisenfunden eine feine Kalksplittschicht und grössere kantige Schottersteine auf dem erwähnten Auelehm und vor der Ausgrabung in der Nähe tief im Boden gefundene alte Baumstämme. Zum andern weist der Verlauf von alten Wegen in diesem Gebiet – Windengasse und Windengässlein – darauf hin, dass diese Fundstelle einst an einer evtl. bereits ab dem 1. Jh. n. Chr. und bis mindestens Ende des Mittelalters benutzten Route in Richtung Kerenzerberg lag.