Beschreibung
Thomas Zotz: Eine kurze Geschichte der Zähringer
Bertram Jenisch: Aktuelle Ausgrabungsbefunde zur Geschichte der Zähringer aus Neuenburg am Rhein
Armand Baeriswyl: «Zähringerstädte» — Ein Mythos der Stadtgeschichte
Claudia Moddelmog und Andreas Motschi: Die Zähringer in Zürich
Peter Jezler: Das Reiterrelief am Zürcher Grossmünster — Ausdruck der zähringischen Herrschaftsfestigung
Peter Niederhäuser: 1218 — ein Schlüsseljahr der Schweizer Geschichte?
Casimir Bumiller: Die Zähringer — ein Fall fürs Museum?
Eine kurze Geschichte der Zähringer
Die Zähringer zählten neben den Staufern und Welfen zu den führenden Adelsgeschlechtern des deutschen Südwestens im hohen Mittelalter. Seit der Jahrtausendwende historisch greifbar, stieg die Familie mit dem Leitnamen Bertold während des 11. Jh. in herzoglichen Rang und damit in die Spitzengruppe der Adelsgesellschaft auf, zunächst in Kärnten, später in Schwaben, hier allerdings gegen den staufischen Herzog von Schwaben.
Nach dem Verzicht auf das Herzogtum Schwaben um 1100 hiess die Familie nach der Burg Zähringen, der Herzogstitel blieb ihr erhalten. Im westlichen Teil Schwabens, später auch in Burgund zwischen Jura und Genfer See bauten die Herzöge von Zähringen und Rektoren von Burgund eine Herrschaft eigener Hoheit auf, gestützt auf Adlige und Ministerialen.
Mit der Gründung bzw. dem Ausbau von Städten und der Errichtung von Burgen suchten sie ihr Land zu konsolidieren. Dies war das primäre Ziel der Zähringer, insofern blieb die Thronkandidatur des letzten Zähringers Herzog Bertolds V. nur eine spektakuläre Episode.
Aktuelle Ausgrabungsbefunde zur Geschichte der Zähringer aus Neuenburg
Die grossflächigen Ausgrabungen in der ehemaligen Altstadt von Neuenburg am Rhein haben unsere Kenntnis zur Frühgeschichte der Stadt und zu deren Genese erheblich erweitert. Die lediglich aus Schriftquellen zu erschliessende Vorgängersiedlung wurde zwischen Schlüssel- und Metzgerstrasse erfasst. Diese präurbane Siedlung ist in der zweiten Hälfte des 12. Jh. nachweisbar und brachte deutliche Belege für metallverarbeitendes Handwerk.
Bei der Neuanlage der Stadt durch die Zähringer ab dem späten 12. Jh. wurde das Gelände erheblich umgestaltet. Die grossen Kiesmassen des Grabenaushubs wurden zur Anlage des Walls hinter der Mauer, aber auch zur Egalisierung von Senken im Stadtgebiet und vor allem zur Gewinnung von Siedlungsflächen am Rheinufer verwendet.
Erst nach dieser Vorbereitung wurde ein planmässiges Strassen- und Stadtbachsystem angelegt. Die Baublocks parzellierte man in gleichförmige Hofstätten. An der Schlüsselstrasse fanden sich vier benachbarte Parzellen mit den identischen Abmessungen von 50 x 120 Fuss. Die frühen Steinbauten orientierten sich traufständig an den Strassen.
Im späteren Mittelalter kam es zur Siedlungsverdichtung und der Herausbildung geschlossener Häuserzeilen. Damit wird deutlich, dass ähnlich wie bei Freiburg im Breisgau und anderen Gründungsstädten über mehrere Jahrzehnte hinweg ein klares Konzept zur Anlage der neuen Stadt verfolgt wurde.
«Zähringerstädte» – Ein Mythos der Stadtgeschichte
Der Begriff «Zähringerstadt» gilt heute noch in einer breiten Öffentlichkeit als Synonym für eine mittelalterliche Stadt, die von den Herzögen von Zähringen auf grüner Wiese gegründet und nach einem ihnen eigenen Grundrissplan errichtet wurde.
Entwickelt wurde diese Hypothese im 20. Jahrhundert, federführend war der Berner Architekturhistoriker Paul Hofer. Archäologische Ausgrabungen in diesen und in anderen Städten in den letzten Jahrzehnten haben aber gezeigt, dass die Vorstellungen überholt sind.
Zum einen entstanden viele Städte, Zähringerstädte wie solche im Besitz anderer Herren, über, unmittelbar neben oder mindestens in der Nähe von bereits existierenden Siedlungen.
Zum anderen wird immer deutlicher, dass es bei der Entstehung mittelalterlicher Städte durchaus Stadtplanung gab, dass diese aber nicht vom Stadtgründer bzw. Stadtherrn abhing, sondern anderen Gesetzmässigkeiten folgte. Diese sind teilweise über ganz Europa zu beobachten, teilweise aber offenbar auch zeit- oder regionentypisch.
Und abschliessend darf nicht vergessen werden, dass nicht die Zähringer oder andere Adelsdynastien Städte errichteten, sondern weitgehend unbekannte Architekten, Ingenieure und Werkmeister. Die «Zähringerstadt» ist ein Mythos.
Die Zähringer in Zürich
In die frühe Phase der hochmittelalterlichen Stadtentwicklung Zürichs fällt im Jahr 1098 die Übertragung dieses alten Herzogs- und Königsortes an die Herzöge von Zähringen. Diese sind hier aber erst ab den 1170er-Jahren zu greifen, als mit den Grafen von Lenzburg wichtige Konkurrenten vor Ort ausstarben.
Dass sie die Formierung der Einwohnerschaft und die bauliche Stadtwerdung massgeblich beeinflusst haben, ist nicht zu erweisen. Sie dürften aber den Umbau der monumentalen Pfalz auf dem Lindenhof zu einer Burg veranlasst haben, die wohl nach dem Tod Bertolds V. 1218 abgetragen wurde – ein Akt von symbolischer Bedeutung.
Das Reiterrelief am Zürcher Grossmünster – Ausdruck der zähringischen Herrschaftsfestigung
An Kunstwerken ist von den Zähringern wenig erhalten. Umso mehr sticht ein künstlerisch überregional bedeutendes Reiterrelief heraus, dessen Entstehung Adolf Reinle mit Sachkenntnis und Scharfsinn mit dem Zähringerherzog Bertold IV. (1125–1186) in Zusammenhang gebracht hat.
Zur Entstehung, Funktion und Bedeutung des so genannten Grossmünster-Reiters ist kein Wort überliefert. Stilistisch ist er eng verwandt mit den frühen Werken des Bildhauers Antelami in Parma und um 1180 zu datieren. Als Vorbild diente wohl das spätantike Reiterstandbild Regisole in Pavia.
Als Auftraggeber kommt aus historischen Gründen am ehesten Herzog Bertold IV. von Zähringen in Betracht. Der Reiter scheint die Quasi-Stadtherrschaft der Zähringer über Zürich verkörpert zu haben. In Anlehnung an die Reiterstandbilder in Rom, in Aachen und in Pavia könnte Bertold IV. mit dem Relief die Stadt Zürich als ein Zentrum zähringischer Macht ausgezeichnet haben.
1218 – ein Schlüsseljahr der Schweizer Geschichte?
Wie wichtig war das Aussterben der Zähringer für die Schweizergeschichte? Ein Blick zurück auf das Jahr 1218 macht deutlich, dass es mehr als nur um das Verschwinden einer mächtigen Dynastie ging.
Im Streit um das zähringische Erbe stiessen unterschiedliche Interessen aufeinander. Die direkten Erben, die Grafen von Kyburg und von Urach-Freiburg, konnten zwar einen schönen Teil der Hinterlassenschaft beanspruchen, nicht aber den herzoglichen Rang. Der Stauferkönig Friedrich II. zog die Reichsrechte an sich und förderte mit Privilegien Städte, Klöster, Adlige, aber auch Talschaften. Dabei entstand ein herrschaftlicher Flickenteppich.
Dieser bildete die Grundlage für die spätere Ausbildung der eidgenössischen Städte- und Länderorte, die sich über Reichsfreiheiten legitimierten.
Die Zähringer – ein Fall fürs Museum?
In den Jahren 2008 bis 2015 scheiterten zwei Initiativen zur Errichtung eines «Hauses der Zähringer» in St. Peter im Schwarzwald jeweils an der Finanzierung. Das «Museum» hätte rechtzeitig zum zähringischen Jubiläumsjahr 2018 eröffnen sollen.
Nachdem dieses Projekt gescheitert ist, stellt sich die Frage, ob eine weitere Initiative auch aufgrund der ungünstigen politischen Konstellation sinnvoll wäre. Der Autor wirft angesichts dieser Situation die Frage nach der Einrichtung eines digitalen Museums der Zähringer auf.