von Valentine Chaudet
Die archäologischen Untersuchungen, die 1999 und 2000 im Südwesten der mittelalterlichen Stadt von Lutry durchgeführt wurden, bringen neue Erkenntnisse zur Entwicklung der mittelalterlichen Uferlinie und zur Stadterweiterung. Vor der Mitte des 13. Jh. scheint die Entwicklung der Vorstadt, die sich westlich des Stadtkernes befindet, weit fortgeschritten zu sein. Der Bereich der künftigen «bourg éxterieur» enthält bereits einen Hafen. Die «äussere Stadt» von Lutry ist deshalb keine Neugründung, obwohl sie seit dem 16. Jh. als «bourg neuf» bezeichnet wird.
Das Freilegen einer Reihe von Pfählen eines Wellenbrechers im See, die sich dendrochronlogisch auf die Zeit um 1280 datieren lassen, erlaubt so den Bau der Stadtmauer in diesem Bereich auf die Zeit des ausgehenden 13. Jh. anzusetzen. Die Stadtmauer ist in Art einer Mole in den See hinausgebaut. Sie schützt eine weite Fläche vor Wind und Wellen, die ohne Zweifel als Hafen benützt wurde. Oberhalb des Hafens befinden sich mehrere Mauerzüge, die sich zu einem grossen Rechteck ergänzen lassen, das als Stapelhallen interpretiert wird. Am Südende der Mole wurde eine Plattform freigelegt, die als Fundament eines Wehrturmes diente. Dieser in Schriftquellen erwähnte Turm ergänzt die vermutete Hafeneinrichtung und wurde wohl als Kontrollpunkt für den hier vorbeiziehenden Warenverkehr benutzt. Alle diese Bauten scheinen die Vorläufer von jenen Stapelhallen und jenes Hafens zu sein, die später im Osten der «äusseren Stadt» liegen und in den Schriftquellen erwähnt werden.
(Thomas Bitterli)
Mittelalter – Moyen Age –
Medioevo – Temp medieval,
Zeitschrift des Schweizerischen Burgenvereins, 13. Jahrgang 2008, Heft 3, 119 - 128.