von Christian Coradi
Im thurgauischen Landstädtchen Diessenhofen steht die Burg Unterhof aus dem 12. Jh. Als ehemaliges Machtzentrum und als eines der ältesten Gebäude des Ortes ist die Burg ein Baudenkmal ersten Ranges. Seit den 1920er Jahren verfiel die Anlage jedoch kontinuierlich und wurde zu einem Schandfleck. Nachdem mehr als zwanzig Jahren lang erfolglos versucht wurde, eine Lösung für den bedrohten Bau zu finden, kauften 1988 die Winterthur Versicherungen die Burg. Das Unternehmen baute den Unterhof zum firmeneigenen Ausbildungszentrum um. Der Komplex erhielt dadurch ein völlig neues Gesicht: die im 18. Jahrhundert entfernten Obergaden von Turm und Palas wurden rekonstruiert. Die Bauherrschaft begründete diese Massnahmen mit erhöhtem Platzbedarf und der besseren Ästhetik. Der Wiederaufbau typischer Elemente einer Burg und die hohe Akzeptanz der Eingriffe verweisen auf die Wirkungskraft klischierter Vorstellungen von Burgen und vom Mittelalter. Gesamthaft betrachtet ist der Unterhof das Ergebnis von betrieblich-technischen Anforderungen, moderner Burgenromantik und denkmalpflegerischen Auflagen.
die moderne Rezeptionsgeschichte einer mittelalterlichen Burg
Mittelalter – Moyen Age –
Medioevo – Temp medieval,
Zeitschrift des Schweizerischen Burgenvereins, 12. Jahrgang 2007, Heft 3, 89 - 112.